The Dark Messiah - Die USA und der Nationalsozialismus

Dr. Kilian Schultes (Historisches Institut der Universität Heidelberg) referiert zur US-amerikanischen Sicht auf den Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland

Gemeinsam mit den Studierenden arbeitete er an verschiedener Werke aus Film, Literatur und Comic

"This time, things were different. Germany had changed", schrieb der amerikanische Autor Thomas Wolfe (1900-1938) im Kapitel "The Dark Messiah" seines posthum veröffentlichen Roman "You Can't Go Home Again“. Dort lässt er sein Alter Ego von seinem Besuch im Deutschen Reich des Olympiajahrs 1936 berichten. Der Roman ist ein Beispiel dafür, wie sich die US-amerikanischen Zeitgenossen den Aufstieg Hitlers erklärt haben.

 

Einen Einblick in die zeitgenössischen Erklärungsversuche der Massenmedien gab Historiker Dr. Kilian Schultes am 11.05.2017 im Institut für Politische Wissenschaft in Heidelberg. Gemeinsam mit rund einem Dutzend Studierender arbeitete er anhand verschiedener Werke aus Film, Literatur und Comic heraus, wie die USA den Nationalsozialismus interpretierten. Schnell kam dabei aus dem Publikum die Frage, warum die Amerikaner nicht früher etwas gegen Hitler taten. Man dürfe grundsätzlich nicht den Fehler machen, die Geschichte von ihrem Ausgang her zu betrachten, so Herr Schultes.

 

„Unser Wissen, wie die Dinge ausgegangen sind, bestimmt unseren Blick.“ So sei etwa Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre der Begriff ‚Dictator‘ noch positiver besetzt gewesen, als heute. Man bewarb gar eine Automarke mit dem damals kraftvollen Begriff. Erst Mitte der dreißiger Jahre sei der Begriff zunehmend negativ konnotiert gewesen. Anhand weiterer zeitgenössischer Werke, wie Charlie Chaplins ‚Der Große Diktator‘, führte Herr Schultes die Anwesenden über anderthalb Stunden durch verschiedene Interpretation von „Hitlerland“ (Wolfe) bis zum Kriegseintritt der Amerikaner 1941. Deutlich wurde die fatale Unterschätzung Hitlers, die mit der Zeit der Frage wich, „wie Deutschland so tief fallen konnte“ (Thompson). Herrn Schultes gelang es dabei insbesondere die Facetten des Deutschland-Bildes aufzuzeigen und die Auswirkungen für den Krieg und die Nachkriegszeit aufzuzeigen. So entwickelte sich eine spannende und angeregte Diskussion zwischen den Teilnehmern, die auch vor aktuellen politischen Entwicklungen nicht halt machte. Bei der Frage, ob sich die derartige Entwicklungen wiederholen könnte, mahnte Dr. Schultes zur Vorsicht. Damals hätten ganz spezifische historische Bedingungen geherrscht, die heute so nicht anzutreffen seien. Deshalb seien historische Studien auch für die Politikwissenschaft. „Vielleicht bildet die Geschichtsforschung sogar die Grundlage.“

 

Moderator Julian Klose dankte im Namen der Außen- und Sicherheitspolitischen Hochschulgruppe Heidelberg schließlich Herrn Dr. Schultes für seinen informativen und aufschlussreichen Vortrag und verabschiedete die Studentinnen und Studenten.