Den eigenen Waffen wiederbegegnen

Passen Krisenprävention und Rüstungslieferungen zusammen? Dieser Frage gingen im Oktober knapp 100 Studierende im Austausch mit Experten aus Wissenschaft und Politik an der Universität Heidelberg nach. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Bundesverband Sicherheitspolitik an Hochschulen (BSH) und den Hochschulgruppen Heidelberg, Mannheim und Frankfurt im Rahmen des PeaceLab2016.

In der Neuen Aula der Universität steht in jeder Ecke eine Gruppe junger Menschen im Halbkreis um einen der Experten. Die Gespräche sind angeregt und ernst zugleich. An die einstündige Workshop-Phase schließt eine gemeinsame Podiumsdiskussion an, die vom Herausgeber des Adlas Online-Magazins für Außen- und Sicherheitspolitik, Stefan Dölling, moderiert wird. Die Mehrheit im Saal äußert sich kritisch zu den deutschen Rüstungslieferungen, insbesondere wenn die Empfängerstaaten als instabil gelten. Rüstungsexporte könnten zwar nicht generell als illegitim beurteilt werden, sagt Dr. Max Mutschler vom Bonner International Center for Conversion (BICC), allerdings seien Waffen äußerst langlebig und würden gerne weitergegeben: „Das merken wir jetzt im Jemen, in Mali, in Syrien und in Libyen.“ Auch Oberst a.D. Reinhard Barz, zuletzt Kommandeur des VN-Ausbildungszentrums der Bundeswehr, hält Rüstungsexporte in fragile Staaten für gefährlich. Kein Bundeswehrsoldat wolle in einem Auslandseinsatz deutsche Waffen auf sich selbst gerichtet sehen. Etwas verloren auf seinem Posten wirkt Dr. Georg Schulze Zumkley, der als Vertreter des Auswärtigen Amtes die Positionen der Bundesregierung verteidigt: „Es braucht in einer Welt, in der Waffen in den falschen Händen sind, auch Waffen in guten Händen.“ Dr. Marcel Dickow von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) mahnt hingegen an, „lieber nochmal hinzuschauen“. Den Arabischen Frühling habe keiner kommen sehen, und die Waffen, die kurz zuvor noch an Ägypten geliefert worden waren, seien auf einmal in Libyen wiederaufgetaucht.

Passen Krisenprävention und Rüstungslieferungen also zusammen? „Im Prinzip ist es das Gleiche wie immer“, sagt einer der Teilnehmenden, „Rüstungsexporte haben eben Vor- und Nachteile und jeder Fall ist unterschiedlich - eine eindeutige Antwort gibt es einfach nicht.“

 

Bis zum Frühjahr 2017 will das Auswärtige Amt neue Leitlinien für die internationale Krisenprävention entwickeln. Dabei soll die Öffentlichkeit einbezogen werden. Unter dem Titel PeaceLab 2016 werden hierfür in ganz Deutschland unterschiedliche Veranstaltungen angeboten. Thematisch passt das genau zur Ausrichtung des BSH: „Als Verband möchten wir aktuelle außen- und sicherheitspolitische Prozesse begleiten und Studierenden die Chance geben, ihre Meinungen einzubringen“, sagt BSH-Bundesvorsitzender Jan Fuhrmann. Auch im Netz sind mehrere tausend Studierende auf die Veranstaltung aufmerksam geworden und konnten der Diskussion über einen Live-Stream auf Facebook folgen. „Die Veranstaltung war ein Erfolg und die Debatte sehr differenziert, was bei diesem Thema selten der Fall ist. Wir benötigen mehr solcher Debatten!“, sagt Fuhrmann. Die zentralen Ergebnisse der Diskussion werde der BSH dem Auswärtigen Amt in einem Bericht vorlegen.